Artikel von Kardinal Schönborn am 10. Oktober 2008 in der Gratiszeitung “Heute”:
“Tötung aus Mitleid?”
Der Fall macht seit mehr als zwei Jahren Schlagzeilen: Ein pensionierter Arzt in Salzburg verabreichte im Juni 2006, so die Anklage, einer langjährigen Bekannten eine tödliche Injektion,
“weil sie mir so leid getan hat”. Für den Staatsanwalt war es eindeutig Mord, für den Beschuldigten dagegen bloß “Sterbehilfe auf Verlangen”.
Der einstige Lungen- und Krebsspezialist fühlte sich “nicht schuldig”, und er “stehe zu dem, was er gemacht habe”. Das Gericht ist in dem laufenden Verfahren noch zu keinem endgültigen
Urteil gekommen, das im Dezember erwartet wird.
Ich kann hier nur warnend sagen: Wehret den Anfängen! In Holland und Belgien ist es schon seit vielen Jahren gängige Praxis: Tötung auf Verlangen (oder auf Drängen der Angehörigen!),
Euthanasie - “der schöne Tod” wird das beschönigend genannt. Kranke, die das wünschen - manchmal auch nicht -, werden durch ärztliche “Kunst” in den Tod befördert. Die Patienten sollen von ihrem Leiden erlöst
werden, dann “geht es ihnen gut”, so der Angeklagte. Eine groteske Situation: Der Arzt, der kraft seines Auftrages und Eids helfen und heilen soll, verabreicht die tödliche Injektion - “aus Mitleid”.
Eine eifrige Lobby kämpft europaweit für die Liberalisierung der Euthanasiegesetze. Gott sei Dank sind wir in Österreich seit Langem einen anderen Weg gegangen. Es herrscht ein breiter
Konsens in allen Parteien im Parlament darüber, daß menschliches Sterben nicht ein Tod durch Giftspritze sein kann. Kurz vor seinem Tod hat Kardinal König in einem berührenden Brief an den österreichischen
Verfassungskonvent geschrieben: “Der Mensch soll nicht durch die Hand, sondern an der Hand eines Menschen sterben.” Das soll weiter Österreichs guter Weg bleiben! Es wäre ein starkes Zeichen, wenn alle
Parlamentsparteien sich einigen könnten, diesen Weg auch in der Verfassung zu verankern. Wir brauchen keine Euthanasie, wir brauchen eine gute Sterbebegleitung!
Kardinal Christoph Schönborn am 10.Oktober 2008 in “Heute”.
|